Unbekanntes Mineral im Erdmantel entdeckt

Der unterste Bereich des Erdmantels besteht aus einem bisher unbekannten Mineral. Dies haben ein Forscher der ETH Zürich und sein japanischer Kollege festgestellt. Mit Berechnungen und Hochdruck-Experimenten konnten die beiden zeigen, dass die bisherigen Erklärungsansätze nicht korrekt sind. Die Entdeckung wirft ein neues Licht auf die Vorgänge tief im Erdinnern.

D-Schicht mit außergewöhnlichen physikalische Eigenschaften

Der unterste Bereich des Erdmantels – die D“-Schicht – stellt die Geophysiker schon seit längerem vor große Probleme. Diese unregelmäßig verlaufende Schicht, die im Durchschnitt rund 150 Kilometer mächtig ist, weist völlig andere physikalische Eigenschaften auf als die darüber liegenden Einheiten. Warum der Erdmantel am Übergang zum Erdkern derart anders aufgebaut ist, konnte bislang nicht plausibel erklärt werden. Artem R. Oganov vom Laboratorium für Kristallographie der ETH Zürich und Shigeaki Ono von der Japan Agency for Marine-Earth Science and Technology berichten nun in der jüngsten Ausgabe der Zeitschrift „Nature“, dass die D“-Schicht aus einem bisher unbekannten Mineral bestehen muss.

Beobachtungen neu interpretieren

Die Entdeckung des Minerals wirft ein neues Licht auf die Vorgänge im Erdmantel und dürfte die geophysikalische Forschung maßgeblich beeinflussen. Die D“-Schicht spielt beispielsweise bei der Entstehung von heißen Mantelplumes eine wichtige Rolle. Diese Mantelplumes sind etwa für den Vulkanismus auf Island oder Hawaii verantwortlich. Auf Grund der neuen Entdeckung müssen nun verschiedene Beobachtungen des Erdmantels neu interpretiert werden.

Überraschende Kristallstruktur

Auf Grund von quantenmechanischen Berechnungen und Hochdruck-Experimenten konnten die beiden Forscher zeigen, dass sich das Mineral Perovskit, der wichtigste Baustein des unteren Erdmantels, bei extrem hohem Druck zu Post-Perovskit umwandelt. Das bisher unbekannte Mineral weist die gleiche chemische Zusammensetzung auf wie Perovskit, verfügt jedoch überraschenderweise über eine geschichtete Kristallstruktur. Dies ist für diesen Bereich des Erdmantels sehr ungewöhnlich und wurde von den Forschern nicht erwartet. Mit der neuen Kristallstruktur lässt sich auch erklären, warum die Gesteine der D“-Schicht so anisotrop sind und derart andere seismische Eigenschaften aufweisen als die darüber liegenden Mantelgesteine, die aus dem fast isotropen Mineral Perovskit bestehen.

Abhängig von der Temperatur

Die D“-Schicht besitzt eine ungewöhnliche Topographie. Die beiden Forscher können diese nun erklären. Bei welchem Druck sich Perovskit zu Post-Perovskit umwandelt, hängt nämlich entscheidend von der Temperatur ab. Je nachdem, wie heiss die Mantelgesteine sind, erfolgt der Phasenübergang in unterschiedlicher Tiefe. Dort, wo der Erdmantel besonders heiss ist, ist die D“-Schicht nur wenige dutzend Kilometer mächtig. In den „kühleren“ Regionen hingegen kann sie eine Ausdehnung von 300 Kilometern erreichen.

(Quelle: idw – Eidgenössische Technische Hochschule Zürich, 19.07.2004)

Geonet News vom 26.07.2004