Stromerzeugung aus Erdwärme - Geothermielabor Groß Schönebeck
Ziel der zweiten Bohrung in Groß Schönebeck ist die Herstellung eines geschlossenen Wasserkreislaufs, aus dem die Wärmeenergie für ein geothermisches Kraftwerk bezogen werden kann.
Das aus der Förderbohrung zur Oberfläche gepumpte Tiefenwasser wird nach seiner thermischen Nutzung wieder in die Lagerstätte zurückgeführt. Die jetzt begonnene zweite Bohrung soll als Förderbohrung, die bereits vorhandene Bohrung als Injektionsbohrloch für die Rückführung des Wassers dienen. Um dabei zu verhindern, dass das in die Erde zurückgepumpte abgekühlte Wasser sich mit dem heißen Tiefenwasser der Förderbohrung vermischt, wird die jetzt begonnene Förderbohrung in der Tiefe abgelenkt. Dadurch wird die Länge dieses Bohrlochs 4500 Meter betragen. Der positive Nebeneffekt ist, dass zugleich neue Zuflussflächen in der Tiefe erschlossen werden. Zudem kann man den selben Bohrplatz wie bei der ersten Bohrung nutzen. Das Bundesumweltministerium unterstützt dieses Projekt zur Entwicklung alternativer und umweltfreundlicher Energie mit 10,1 Mio. Euro. Das Land Brandenburg hat über das Wirtschaftsministerium eine weitere Million Euro zugesagt. Auch der Energiekonzern Vattenfall Europe unterstützt das Experiment und wird, wenn die Bohrung erfolgreich verläuft, das geplante Nachhaltigkeitsexperiment finanzieren. Dabei ist vorgesehen, innovative Methoden zur schonenden und nachhaltigen Nutzung des Heisswasser-Reservoirs und zum gerichteten Bohren einzusetzen und weiterzuentwickeln. „Der ideale Verlauf der jetzigen zweiten Bohrung wurde auf Basis thermisch-hydraulischer Modellierungen am GFZ Potsdam abgeschätzt,“ erläutert Professor Rolf Emmermann, Vorstandsvorsitzender des GeoForschungsZentrums. „Mit Hilfe solcher Modellierungen lassen sich Aussagen über die Produktivität, das thermische Verhalten des Heißwasser-Reservoirs und Nachhaltigkeit seiner Nutzung ableiten.“ Auch soll der unterirdische Wärmespeicher bereits beim Niederbringen der neuen Bohrung durch gezielt ausgerichtetes und besonders schonendes Bohren mittels verträglicher Kühl– und Spülverfahren für die spätere Langzeitnutzung optimal vorbereitet werden.
Das Forschungsprojekt In-situ-Geothermielabor Groß Schönebeck hatte von Anfang an das Ziel, Erdwärmevorkommen auch in Deutschland für die Stromerzeugung nutzbar zu machen. Bereits im Winter 2000 hat das GFZ Potsdam mit dem ersten, ebenfalls 4300 Meter tiefen Bohrloch die Arbeiten zur Technologieentwicklung für ein Geothermiekraftwerk begonnen. Seitdem wurden dort neue Verfahren für eine effektivere Erschließung geothermischer Ressourcen erfolgreich entwickelt und getestet. Die Geothermieforschung am GFZ Potsdam ist eingebettet in vielfache internationale Kooperationen und hat sich zu einer Schaltstelle der europäischen Erforschung der Erdwärme entwickelt. „Das GeoForschungsZentrum Potsdam untersucht das Potenzial der Geothermie bereits seit fast einem Jahrzehnt. Wissenschaftlich und ökonomisch gesehen ist die vorgesehene Stromerzeugung aus Geothermie unter hiesigen geologischen Bedingungen Neuland. Erdwärme ist nicht nur umweltfreundlich, sondern bietet sich auch als nachhaltige und grundlasttaugliche Option für die zukünftige Energieversorgung an.“
Die Umweltverträglichkeit ist eines der schlagenden Argumente für die Nutzung der Geothermie. In Groß Schönebeck wurde daher ohne Probleme die Erlaubnis erteilt, mitten im Biosphärenreservat erneut eine Bohrung durchzuführen. Zur wirtschaftlichen Nutzung der Erdwärme müssen in der Tiefe neben einer genügend hohen Temperatur auch ausreichende Mengen an Wasser vorhanden sein. Wenn das Gestein zu wenig Poren und Klüfte aufweist, in denen das heiße Tiefenwasser zirkulieren kann, kann man den Wasserfluss durch Stimulation erhöhen. Auch dazu wurden an der Forschungsbohrung Groß Schönebeck neue Verfahren entwickelt.
Quelle: GFZ Potsdam
Geonet News vom 16.10.2006