Seismische Verfahren zeigen Verteilung des Grundwassers in der Tiefe

Erdbeben richten nicht nur Schäden an sondern haben auch ihr Gutes. Denn durch die Messung der freigesetzten Energien können Wissenschaftler mehr über den inneren Aufbau der Erde erfahren. Die seismischen Wellen lassen sich sogar künstlich erzeugen und bilden inzwischen eine wichtige Untersuchungsmethode in der Geophysik.

Sie wird überall dort eingesetzt, wo geologische Strukturen und Ablagerungsverhältnisse kompliziert und unklar sind. Insbesondere bei der Suche nach Rohstoffen wie Erdöl und Erdgas aber auch für Baugrunduntersuchungen kommt die Seismik zum Einsatz.

„Das seismische Verfahren nutzt die elastischen Eigenschaften des Gesteins aus, die den Durchgang einer Druckwelle überhaupt erst möglich machen“, erklärt Helga Wiederhold vom Institut für Geowissenschaftliche Gemeinschaftsaufgaben (GGA-Institut) in Hannover. „Trifft die seismische Welle bei ihrem Durchgang durch das Gestein auf andere Gesteinseigenschaften, so wird sie gebrochen und reflektiert. Durch die Interpretation dieser Reflexionssignale können wir Rückschlüsse auf die geologische Struktur des Untergrundes ziehen“, erläutert Wiederhold, die den Forschungsschwerpunkt „Grundwassersysteme“ am GGA-Institut leitet.

Im Rahmen des Projekts „Groundwater Resources in Buried Valleys (BurVal)“ nehmen die Forscher mithilfe der Seismik einen ganz besonderen Rohstoff unter die Lupe: das Wasser. Im Mittelpunkt der Untersuchungen stehen eiszeitliche Rinnenstrukturen, die auch heute noch erheblichen Einfluss auf die Grundwasserverhältnisse zwischen Cuxhaven und Bremerhaven oder auch im Großraum Hamburg haben. Für den Grundwasserschutz und die Trinkwasserversorgung ist die Kenntnis über ihren Verlauf, die Sedimentfüllung und die Anbindung an das Umgebungsgestein enorm wichtig.

„Die Rinnenform und ihre Erstreckung bis in fast 400 Metern Tiefe untersuchen wir mithilfe der seismischen Messungen“, erklärt Wiederhold. „Durch die zusätzliche Kombination mit geoelektrischen Verfahren und „echten“ Bohrungen lässt sich dann ziemlich genau zwischen grundwasserleitenden Schichten wie Sand oder grundwasserhemmenden Lagen wie aus Ton unterscheiden.“ Neben der Grundlagenforschung hat dies vor allem eine ganz praktische Bedeutung: Denn auf Basis dieser Daten wird die Verwundbarkeit des Grundwasservorkommens in der Rinne gegenüber Schadstoffeinträgen berechenbar.

Ein weiterer Schwerpunkt der Arbeiten im GGA-Institut liegt derzeit in der Entwicklung neuer seismischer Messtechnik. So befindet sich zurzeit ein hydraulischer Vibrator in der Erprobungsphase. Dieser regt so genannte Scherwellen (S-Wellen) an, die bis zu 500 Meter tief in die Erde eindringen können. Noch werden zurzeit normalerweise die so genannten Kompressionswellen (P-Wellen) zur seismischen Erkundung eingesetzt, die sich in ihrem Schwingungsverhalten grundlegend von den Scherwellen unterscheiden.

„Der große Vorteil von Scherwellen liegt – aufgrund ihrer geringeren Geschwindigkeit – in ihrem höheren Auflösungsvermögen der unterirdischen Schichten“, erklärt Wiederhold. Sobald das neue Verfahren ausgereift ist, wäre auch eine Kombination von P– und S-Wellen denkbar. „Damit würde dann auch die Ableitung derjenigen Formationsparameter in greifbare Nähe rücken, die für die elastische Wellenausbreitung sowie die hydraulischen Merkmale eines Gesteins verantwortlich sind“, wagt Wiederhold einen Blick in die Zukunft der Seismik.

Quelle: Institut für Geowissenschaftliche Gemeinschaftsaufgaben

Geonet News vom 11.06.2007