Schmelzende Eisdecke begünstigt Erdbeben
Das Schmelzen des gewaltigen Eispanzers, der während der letzten Eiszeit über dem Yellowstone Nationalpark lag, hat Erdbeben in der Region begünstigt
und damit zur Entstehung der Teton Mountains mit ihren über 4.000 m hohen Gipfel beigetragen. Das haben Geowissenschaftler aus Münster, Durham (UK) und Bochum um Dr. Andrea Hampel (Institut für Geologie, Mineralogie und Geophysik der RUB) herausgefunden. Sie ließen die Aktivitäten der Erdkruste unter Einfluss der Eisdecke im Computer ablaufen und wiesen so den starken Einfluss des Abschmelzens der Gletscher auf die Erdbebenhäufigkeit nach. Bisher hatte man diesen Effekt in der Forschung vernachlässigt. Die Studie ist in der aktuellen Dezember-Ausgabe des Journals „Geology“ veröffentlicht.
Die Bergkette der Teton Mountains in der nordöstlichen Basin-and-Range-Provinz der USA ist berühmt für ihr eindrucksvolles Relief – die höchsten Gipfel sind über 4.000 Meter hoch – und eine spektakuläre eiszeitlich geprägte Morphologie mit tiefen U-förmigen Tälern. Die schnelle Hebung der Bergkette um mehrere 1.000 Meter in den letzten Millionen Jahren ist auf wiederholte Erdbeben auf der Teton-Störung zurückzuführen, die an der Basis der Teton Mountains in Nord-Süd-Richtung verläuft. „Zurzeit ist die Teton-Störung seismisch ruhig, aber bis zu 50 Meter hohe Bruchstufen an der Ostflanke der Teton Mountains sowie paläoseismologische Daten belegen ein gehäuftes Auftreten von Erdbeben am Ende der letzen Eiszeit vor etwa 14.000 Jahren“, erklärt Andrea Hampel.
Warum es während dieser Periode so viele Erdbeben gab, haben sie und ihre Kollegen Prof. Dr. Ralf Hetzel (Universität Münster) und Dr. Alexander L. Densmore (Universität Durham, England) nun berechnet. Im Computer rekonstruierten sie die Situation der betreffenden Region während der letzten Eiszeit. Dabei zeigte sich, dass die bis zu 1.100 Meter dicke Eisschicht, die eine Fläche von rund 16.500 Quadratkilometern bedeckte, mögliche Erdbeben während der Kaltzeit verhinderte. „Die dicke Eisschicht lastete so schwer auf der Erdoberfläche, dass sie die Erdkruste bis zu 90 m durchbog“, erläutert Andrea Hampel. Das wiederum hatte Einfluss auf die Spannungsverhältnisse. Beim Schmelzen der Eisdecke und der Gletscher in den Teton Mountains kehrte die Erdkruste in ihre ursprüngliche Lage zurück. Die damit zusammenhängenden Spannungsänderungen begünstigten das Auftreten von Erdbeben. „Die Ergebnisse der Studie zeigen, dass die Seismizität der Erdkruste durch das Abschmelzen großer Gletscher und Eisschilde entscheidend beeinflusst werden kann“, fasst Andrea Hampel zusammen.
Quelle: Ruhr-Universität Bochum
Geonet News vom 26.11.2007