Pflanzen sollen Böden entgiften

Schwermetalle im Boden lösen bei Pflanzen Stress aus. Doch die Reaktion der Pflanzen auf unterschiedliche Gifte ist differenzierter, als bisher angenommen – eine Fähigkeit, die bei der Altlastensanierung nutzbringend eingesetzt werden könnte.

Zu diesem Ergebnis kommt ein Biologen-Team aus Wien.

Widrige Umweltbedingungen verursachen für Pflanzen enormen Stress. Als sesshafte Lebewesen sind sie diesen Umständen bedingungslos ausgeliefert. Damit sie trotzdem wachsen und gedeihen, haben sie ein umfassendes Portfolio an Stressreaktionen entwickelt. Wie fein die Pflanzen dabei differenzieren können, belegen die jüngsten Arbeiten von Prof. Heribert Hirt vom Campus Vienna Biocenter.

In der Natur kommen Schwermetalle in geringen Konzentrationen im Boden vor und stellen so keine Schwierigkeit für Pflanzen dar. Hohe Konzentrationen, wie sie zunehmend durch Umweltbelastungen auftreten, wirken hingegen toxisch. Hirt und seine Kollegen verglichen nun erstmals die genauen Reaktionen von Pflanzen auf hohe Konzentrationen verschiedener Schwermetalle. Hirt dazu: „Bereits unsere ersten Messungen zeigten, dass die Schwermetalle die Aktivierung von vier verschiedenen Enzymen hervorrufen, die eine ganz zentrale Rolle bei pflanzlichen Stressreaktionen haben. Diese Enzyme sind so genannte MAPKs.“ MAPKs sind molekulare Schalter, die von zentraler Bedeutung für die Steuerung der Genexpression sind.

Eine interessante Entdeckung machten die Wissenschaftler, als sie die Aktivitäten der Enzyme im Detail analysierte. Dabei stellten sie fest, dass unterschiedliche Schwermetalle zwar die gleichen vier Enzyme aktivieren, jeweils aber mit unterschiedlicher Geschwindigkeit. „Die Aktivierung einzelner MAPKs durch Kupfer erfolgte bereits nach fünf bis zehn Minuten, während vergleichbare Effekte durch Cadmium erst 20 Minuten später verursacht wurden. Diese Differenz ist zwar für die Fähigkeit der Pflanze, mit dem Stress fertig zu werden, nicht so ausschlaggebend, deutet aber darauf hin, dass unterschiedliche Stressreaktionen stattfinden“, erläutert Hirt die Ergebnisse. Obwohl er die genaue Ursache für diese Zeitdifferenz noch nicht kennt, hat er bereits eine Hypothese erstellt, die in weiteren Arbeiten getestet wird.

Grundlage dieser Hypothese ist die Tatsache, dass sowohl Kupfer als auch Cadmium zur Produktion von schädlichen Sauerstoffradikalen in der Pflanze führen. Diese Radikale können die MAPKs direkt aktivieren – im Gegensatz zu Schwermetallen. Prof. Hirt : „Zu viel Kupfer verursacht die unmittelbare Produktion von Sauerstoffradikalen, während Cadmium erst auf Umwegen zu deren Produktion führt. Die Ursache für diesen Unterschied ist, dass Kupfer in geringen Konzentrationen an verschiedenen lebensnotwendigen Prozessen in der Pflanzenzelle beteiligt ist. Erst durch ein Zuviel an Kupfer entstehen Sauerstoffradikale. Im Gegensatz dazu ist Cadmium aber an keinem uns bekannten Stoffwechselprozess beteiligt. Seine Schädlichkeit beruht auf der Verdrängung anderer stoffwechselaktiver Metalle, ohne deren Funktion zu übernehmen. Das führt in der Folge zwar auch zur Produktion von Sauerstoffradikalen, doch dauert dieser indirekte Vorgang einfach länger.“ Aber Hirt merkt auch an, dass die durch Schwermetalle provozierte Aktivierung von MAPKs auch durch andere Stoffe als Sauerstoffradikale verursacht werden könnte.

Ein besseres Verständnis der Pflanzenreaktionen auf hohe Schwermetallkonzentrationen kann mittelfristig wichtige Bedeutung für unsere Umwelt haben. Zum einen mag es so möglich werden, Pflanzen zu züchten, die eine bessere Überlebenschance auf Böden haben, die mit Schwermetallen belastet sind. Noch attraktiver sind aber die Möglichkeiten der so genannten Phytoremediation – einer Technik, bei der Pflanzen die Schwermetalle aus dem Boden binden und auf diese Weise belastete Böden langsam wieder säubern.

(Quelle: Public Relations for Research & Development, 21.09.2004)

Geonet News vom 28.09.2004