Modellprojekt zur Sanierung von Kalialtbergbaugebiet
Nochimmer sind die Salzlösungsprozesse im unzugänglichen Untergrund weitgehend unklar. Wie also effiziente und nachhaltige Sanierungsmaßnahmen festlegen?
Anregungen dazu liefern nun Clausthaler und Hamburger Wissenschaftler, die in einem von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) finanzierten Vorhaben derzeit für einen ausgewählten Teilbereich ein Modell des Salzlösungsprozesses erstellen.
Im Raum Staßfurt sind die Spätfolgen des um 1972 eingestellten und gefluteten Kalibergbaus allgegenwärtig. Durch unkontrollierte Salzlösungsprozesse im Untergrund vergrößern sich die solegefüllten Hohlräume. An der Tagesoberfläche kommt es zu großflächig auftretenden Senkungen und Tagesbrüchen. Der letzte große kraterförmige Tagesbruch erfolgte im Jahr 1998 mit einem Durchmesser von rund 30 Meter in der Nähe eines Gewerbegebietes.
Das Dilemma wird an folgender Wirkungskette deutlich: Die Tagesoberfläche liegt aufgrund der Senkungen inzwischen unterhalb des eigentlichen Grundwasserspiegels. Dieser Senkungsbereich muss im Stadtgebiet trocken gehalten werden. Insbesondere dort, wo sich unbestimmte, teils als giftig vermutete, industrielle und militärische Altlasten befinden. Es müssen daher täglich rund 1.000 qm3 Grundwasser gehoben werden, wobei dieses salzhaltige Wasser die Oberflächengewässer belastet. Problematisch ist außerdem, dass frisches Grundwasser in die Hohlräume nachströmt. Dies wirkt auf den Salzlösungsprozess wie ein antreibender Motor.
Ziel des neuen Modellprojektes ist die dynamische Modellierung des voranschreitenden Lösungsvorganges. Alle Daten und Methoden werden, basierend auf einer objektorientierten Datenbank und durch dreidimensionale Spline-Technik visualisiert, zu einem Informationssystem zusammengefügt.
Zunächst wird, auf Grundlage von alten Karten des Bergbaus und durch Nutzung von Sondenvermessungen einer Spezialfirma, die vermutete Hohlraumgeometrie eines gefluteten Schachtes modelliert. Der nächste Schritt besteht in der Aufschlüsselung der Wirkungskette von Wasserzufluss, Anlösung des Salzgesteins und Solesättigung. Aufgrund der Komplexität des Vorganges ist eine exakte Berechnung noch nicht möglich. Zusätzlich wird der Modellaufbau durch Informationslücken erschwert. Diese müssen durch z. B. Verfahren der Statistik, der Unschärfe-Logik, und nicht zuletzt Expertenwissen, überbrückt werden.
Eine besondere Anforderung liegt darin, die Vielfalt geochemischer Kennwerte des Gesteins und der Sole zu verwalten und methodisch richtig miteinander zu verknüpfen. Letztendlich sollen thematische und geometrische Kennwerte im Sinn einer Prozesssimulation hinsichtlich ihrer räumlichen und zeitlichen Veränderung variiert werden können.
Aber wie sicher ist die Aussagekraft eines solchen Modells? Hinweise auf die Plausibilität liefern zusätzliche Daten, die an der Tagesoberfläche erhoben werden. Dazu zählen z. B. Senkungsmessungen oder Interpretationen auf Basis von Luftbildern und Satellitenaufnahmen. Erweist sich das erstellte Modell als aussagekräftig, lassen sich anschließend die Auswirkungen geotechnischer Eingriffe, etwa im Bereich der Schächte, durch Veränderung der Randbedingungen und Parameter simulieren. Ziel sind qualitative und quantitative Erkenntnisse über den Aufwand und die Wirkung möglicher Maßnahmen, sowie die Bereitstellung von Argumenten für Fachdiskussionen einzelner Maßnahmen.
(Quelle: Informationsdienst Wissenschaft (idw) – Pressemitteilung
Technische Universität Clausthal, 27.05.2002)
Geonet News vom 03.06.2002