Mikroerdbeben als Indizien für Lagerstätten

An jedem Tag ereignen sich weltweit bis zu 8.000 Erdbeben – allerdings weit unterhalb der menschlichen Wahrnehmungsgrenze.

Für die Forschung spielen diese Erdbewegungenn jedoch eine wichtige Rolle: Geophysiker gehen seit einigen Jahren intensiv der Frage nach, ob und welche Informationen über das Gestein in den Daten der aufgezeichneten Mikroerdbeben enthalten sind. Wissenschaftler der Freien Universität Berlin haben nun eine Methode entwickelt, um wichtige gesteinsbeschreibende Parameter aus solchen Daten zu gewinnen.

Diese Parameter können dazu benutzt werden, um ein seismisch aktives Gesteinsvolumen besser zu charakterisieren. Das ist besonders in der industriellen Nutzung von Erdöl- und Erdgasspeichern, aber auch für die optimale Ausnutzung von regenerativen Energieträgern von entscheidender Bedeutung. Computergestützte Simulationen erlauben erstmals die systematische Untersuchung der Hypothese und belegen den maßgeblichen Einfluss von Fluiden bei der Entstehung von Mikroerdbeben.

Mikrobeben können heutzutage zwar problemlos von geophysikalischen Messgeräten registriert werden, warum diese Beben auftreten und wodurch sie ausgelöst werden, ist bislang jedoch weitestgehend ungeklärt. In mehreren Studien und Beobachtungen wurde nun die Hypothese aufgestellt, dass Fluide einen maßgeblichen Einfluss auf die Auslösung von Mikroerdbeben haben können.

Die Spannungszustände des Gesteins unterscheiden sich je nachdem, ob das Gestein trocken oder feucht ist. Im feuchten Gestein sind Fluide, also Flüssigkeiten und Gase, für die Spannungsbilanz mit verantwortlich. Denn ihr Druck in den Gesteinsporen verändert die Spannung, die dazu beitragen kann, dass eine Bewegung entgegen der Reibungskraft stattfindet. Zudem können Fluide bei großen Beben mit großer Versatzgeschwindigkeit wie ein Gleitmittel wirken und dadurch den Reibungswiderstand vermindern.

Bei Mikroerdbeben verschieben sich die Flächen im Gestein nur um Millimeter bis hin zu wenigen Zentimetern. Erst seit wenigen Jahren untersuchen Geophysiker die Ursache für Minierdbeben und zeichnen schwache Erderschütterungen routinemäßig auf. Eine detaillierte Kenntnis des Untergrundes ist vor allem beim Fördern oder der Untertagespeicherung von Öl und Gas, bei der Nutzung geothermischer Energie, dem Lagern nuklearer Abfälle, der Vorratbewirtschaftung von Rohstoffen und Trinkwasser und teilweise auch in der Bau- und Umweltindustrie zwingend erforderlich. So sind zum Beispiel während des Baus und der Befüllung von Staudämmen erhöhte mikro-seismische Aktivitäten in der Umgebung festgestellt worden. Erdbebenforscher vermuten, dass auch natürliche Fluide, wie Regen oder magmatische Quellen, Mikrobeben auslösen könnten.

Hydraulisch hervorgerufene Erderschütterungen (Seismizität) können sowohl durch Fluidinjektionen in Bohrlöchern als auch durch starke Regenfälle oder Wasserstandsschwankungen in Stauseen erzeugt werden. Kleine Schwankungen des Porendrucks - der durch Fluide verursacht wird, die durch das Gestein dringen - können ausreichen, um die Spannungsbilanz so zu verändern, dass Mikrobeben ausgelöst werden. „Wenn diese Hypothese tatsächlich stimmt, dann muss die Erdbebenstatistik durch den Parameter der Gesteinsdurchlässigkeit kontrolliert werden“, erklärt der Geophysiker Professor Shapiro von der Freien Universität Berlin.

Das Team um Shapiro hat eine Methode entwickelt, mit der die „Durchlässigkeit“ des Gesteins bestimmt werden kann. Die Abschätzung dieser Größen ist besonders in der Lagerstättenerkundung, der Nutzung geothermaler Energiequellen oder der Exploration von Erdöl- und Erdgasreservoiren von Bedeutung. Die Kenntnis ihrer großräumigen Verteilung könnte zur besseren Nutzung dieser Energiequellen beitragen.

(Quelle: Informationsdienst Wissenschaft - idw - - Pressemitteilung Freie Universität Berlin, 14.08.2003)

Geonet News vom 15.08.2003