Methanaustritte in der Tiefsee

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Methan im Meeresboden – Energiequelle der Zukunft oder Bedrohung für das Weltklima? Wissenschaft und Gesellschaft diskutieren kontrovers über diese Frage. In einer Fallstudie, die jetzt im Journal of Geophysical Research erschien, schätzt ein MARUM-Team unter Federführung von Dr. Miriam Römer erstmals ab, wie viel Methan in den Tiefen des nordöstlichen Indischen Ozeans austritt. Die Wissenschaftlerinnen untersuchten zudem, ob das austretende Treibhausgas Methan durch die Wassersäule aufsteigt und in die Atmosphäre gelangt.

Methan blubbert in vielen Regionen aus dem Meeresboden: Im Schwarzen Meer, im Golf von Mexiko, im Nordatlantik, aber auch im östlichen Pazifik. Während einer Expedition mit dem deutschen Forschungsschiff METEOR untersuchte ein MARUM-Team Methanaustritte am Makran-Kontinentalrand vor Pakistan. Der 400 bis 500 Kilometer breite untermeerische Hang zieht sich über 1.000 Kilometer entlang der iranisch-pakistanischen Küste und besteht zum großen Teil aus parallelen Bergrücken, die bis zu 1.000 Meter hoch aufragen. Er entstand im Lauf von Jahrmillionen, weil dort die Arabische Erdplatte mit einer Geschwindigkeit von bis zu vier Zentimetern pro Jahr unter der Eurasischen Platte abtaucht. Dabei hobelt die Eurasische Platte große Mengen Gesteinsmaterial von der abtauchenden Arabischen Platte. Diese „Späne“ wurden im Lauf der Zeit durch die Plattenbewegung gestaucht und bilden heute den Makran-Kontinentalrand.

„Das untermeerische Rückensystem erstreckt sich über eine Fläche so groß wie Schweden“, sagt die Geowissenschaftlerin Dr. Miriam Römer. „Im seinem Zentrum haben wir mit schiffseigenen Echoloten und unserem Tauchroboter MARUM-QUEST den Meeresboden systematisch in einem langen, 50 Kilometer breiten Streifen erfasst. Dabei fanden wir in Wassertiefen zwischen 575 und 2 870 Metern insgesamt 18 Methanquellen; zwölf davon waren aktiv.“

In den Echolotdaten erscheinen die Austritte als bis zu 2.000 Meter hohe Gasfahnen im Meer (Abbildungen dazu: www.marum.de/Makran.html). Tauchgänge mit MARUM-QUEST brachten mehr Licht ins Dunkel der Methanquellen: Mit Hilfe der auf dem Tauchroboter installierten HD-Kameras fand das Forscherteam heraus, dass die Gasbläschen durchschnittlich etwa einen halben Zentimeter Durchmesser hatten. Besonders bemerkenswert: Die einzelnen Quellen sprudeln unterschiedlich stark; manche geben nur 90 Milliliter, andere bis zu 1,6 Liter Methan pro Minute ins Meerwasser ab. Da der Quelldruck im Lauf der Zeit schwankt, manche Quellen versiegen, andernorts neue entstehen, ist eine Abschätzung der Gesamtmenge des am Makran-Kontinentalrand sprudelnden Methans mit erheblichen Unsicherheiten verbunden. „Unseren konservativen Berechnungen zufolge treten am Makran-Rücken jährlich umgerechnet etwa 640.000 Kilogramm Methan aus“, sagt Dr. Miriam Römer.

Zwar steigen die Methanbläschen mit zehn bis 30 Zentimeter pro Sekunde Richtung Meeresoberfläche auf. Die Echolot-Messungen belegen aber, dass sich die Gasfahnen oberhalb von 700 Meter Meerestiefe, also weit unter der Meeresoberfläche verflüchtigen: „Das Methan löst sich im Meerwasser auf. Es entweicht also nicht in die Atmosphäre und hat keine Auswirkungen auf das globale Klima,“ bilanziert Dr. Miriam Römer, die sich im übrigen beeindruckt zeigt von den Fotos und Videos, die MARUM-QUEST von den Methanquellen in den Tiefen des Indischen Ozeans lieferte: „An manchen Stellen war der Tiefseeboden von Unmengen an Muscheln, Krebsen und Röhrenwürmern bedeckt. Diese Tiefseebewohner können nur überleben, weil dort Methan austritt, das von Mikroorganismen genutzt wird, die wiederum die Grundlage dieses faszinierenden Ökosystems bilden, das ohne Licht als auskommt.“

„Unsere Ergebnisse aus der Makran-Region sind auf viele, aber eben nicht alle ozeanischen Methanaustritte übertragbar“, betont Dr. Miriam Römer. So gibt es Hinweise, dass Gasblasen, die mit einem Ölfilm ummantelt sind, Methan aus großen Wassertiefen bis in die Atmosphäre transportieren können. Kürzlich bewilligte die Deutsche Forschungsgemeinschaft eine Expedition der Bremer Wissenschaftlerinnen in den südlichen Golf von Mexiko. Dort sind natürliche Öl- und Methanaustritte am Meeresboden bekannt. Diese Forschungsfahrt ist für 2014 geplant.

Abbildungen

Bild 1: Der Meeresboden im Untersuchungsgebiet vor Pakistan ist teilweise dicht mit Muscheln und Krabben bedeckt. Foto: MARUM, Universität Bremen

Bild 2: Der Greifarm des MARUM-QUEST (rechts) setzt einen Trichter bzw. den "Bubblmeter" aus, mit dem die austretenden Gasblasen eingefangen und gemessen werden. Foto: MARUM, Universität Bremen

Weitere Informationen

Albert Gerdes
MARUM – Zentrum für Marine Umweltwissenschaften
Universität Bremen
Tel.: 0421 218 65540
Email: agerdes@marum.de

Geonet News vom 08.11.2012