Kohleumwandlung und CO2-Speicherung untertage

Eine wirtschaftlich günstige und gleichzeitig umweltfreundliche Nutzung tiefer Steinkohlevorkommen durch die Vergasung untertage sowie die Speicherung des dabei frei werdenden CO2 im verbleibenden Material der ausgebrannten Flöze untersucht jetzt ein RWTH-Projekt.

Die vielversprechenden Forschungsarbeiten könnten ergeben, dass auch bislang unwirtschaftliche kohleführende Flöze bis zu 4.000 Meter Teufe gewinnbringend vor Ort vergast werden können und durch die gleichzeitige CO2-Verbringung untertage eine überaus günstige Klimabilanz erreichbar ist.

„Die Idee zur gezielten Untertage-Kohlevergasung stammt aus der Mitte des 19. Jahrhunderts zur Kontrolle und Nutzung spontaner Kohlebrände“, erläutert der Ingenieurgeologe Thomas Kempka den historischen Hintergrund des Verfahrens. Nach ersten Programmen in der ehemaligen UdSSR während der 30er Jahre des vergangenen Jahrhunderts und Testläufen im Laufe der 70er und 80er Jahre auch in Europa laufen inzwischen aufgrund der steigenden Energiekosten weltweit Anstrengungen, dieses Verfahren in größerem Maßstab zu etablieren.

Das Prinzip ist auf den ersten Blick ganz einfach: Es erfolgen bis zu 26 gerichtete Bohrungen nebeneinander, die in großer Tiefe waagerecht nebeneinander vorangetrieben werden. Anschließend werden diese mit einer weiteren Bohrung rechtwinklig dazu verbunden. Anschließend erfolgt die Selbstzündung der Kohle durch die Injektion eines Sauerstoff-Wasserdampfgemischs. Durch die Injektion mit 80 bar wird ein Luftstrom erzeugt, der eine kontrollierte Verbrennung der flözführenden Schicht erlaubt. Will man die Vergasung untertage stoppen, reicht eine Stickstoffinjektion. Das so gewonnene Gas wird durch die vertikale Bohrung an die Erdoberfläche geschafft. Dort erfolgt die Trennung des Synthesegases vom Kohlendioxyd, das anschließend wieder untertage verbracht wird. „Auf diesem Wege dauert eine Kohlevergasung und CO2-Abspaltung für eine Fläche von einem Quadratkilometer bei einer Flözmächtigkeit von 1,5 Meter rund 2,5 Jahre“, schätzt Thomas Kempka.

Das Forschungsprojekt im Aachener Lehrstuhl für Ingenieurgeologie und Hydrogeologie soll nun vor allem Umweltaspekte dieses Verfahrens prüfen: Wie wirken sich die entstehenden Hohlräume untertage auf die Erdoberfläche aus? Inwiefern kann eine Verunreinigung von unterirdischen Wasserspeichern, so genannten Aquiferen, durch Gase erfolgen? „Das Hauptaugenmerk unserer Untersuchungen liegt aber auf der Speichersicherheit für das CO2 untertage“, betont Kempka. Von daher soll das Projekt neben der konzeptionellen Vorgehensweise vor allem einen Katalog mit Kriterien für die Standortwahl und die Speicherpotenziale erbringen. Darüber hinaus erfolgen am beteiligten Lehr– und Forschungsgebiet für Kokereiwesen, Brikettierung und Thermische Abfallbehandlung Untersuchungen an Probematerialien aus den deutschen Bergbaurevieren. Weitere Probenanalytik stellt das Lehr– und Forschungsgebiet Ton– und Grenzflächenmineralogie sicher. Die Porosität und Durchlässigkeit des Materials wird am Geologischen Institut bestimmt. Am Lehrstuhl für Geologie, Geochemie und Lagerstätten des Erdöls und der Kohle werden ferner Experimente zu den Speicherkapazitäten der unterirdischen Schichten vorgenommen.

„Dieses Verfahren könnte aus wirtschaftlicher Sicht günstiger als herkömmliche Kohlekraftwerke arbeiten und dabei CO2-Emissionswerte in der Größenordnung eines Kernkraftwerkes erreichen“, fasst Thomas Kempka die Vorteile zusammen. Noch eindrucksvoller scheinen die langfristigen Aspekte der in-situ Kohleumwandlung: „Dadurch wird die Nutzung heimischer Kohlevorkommen in großen Tiefen möglich, die unseren Energiebedarf für die nächsten Jahrhunderte decken könnten.“

Quelle: Rheinisch-Westfälische Technische Hochschule Aachen

Geonet News vom 09.06.2008