IHK-Technologietransferpreis: neues System zum Abwasserrecycling
Ein Verfahren, das gleichzeitig die Kosten eines Unternehmens senkt und die Produktion umweltfreundlicher macht, wird mit dem diesjährigen Technologietransferpreis der IHK Braunschweig ausgezeichnet.
Ein dreiköpfiges Forscherteam vom Institut für Bioverfahrenstechnik (ibvt) der TU Braunschweig erhält die mit 10 000 Euro dotierte Auszeichnung für den Transfer eines neuartigen, im sächsischen Meerane bereits eingesetzten Systems zum Abwasserrecycling.
Professor Dr.-Ing. Dietmar C. Hempel, Privatdozent Dr. Rainer Krull und Dipl.-Ing. Eckart Döpkens vom ibvt haben sich eines Themas aus der Textilveredlungsindustrie angenommen. Die Branche benutzt zum Färben von Stoffbahnen gern so genannte reaktive Azofarbstoffe. Sie zeichnen sich durch hohe Farbtonstabilität auch bei Waschvorgängen aus.
Genau dort liegt aber auch das Problem. Nach dem Färbevorgang müssen die überflüssigen Pigmente ausgespült werden. Ein hoher Prozentsatz des Farbstoffs bleibt im Abwasser, das daher nicht noch einmal verwendet werden kann. In Deutschland fließen jährlich etwa 80 Millionen Kubikmeter der Färbereiabwässer in Kläranlagen. Dort sorgen chemische Substanzen für die Ausfällung oder Ausflockung der Farben. Der dabei entstehende Schlamm muss kostenintensiv als Restmüll entsorgt werden.
Völlig anders verläuft das Verfahren, das die ibvt-Forscher in jahrelangen Versuchen ersonnen haben. Statt auf Chemie setzt das Team um Professor Hempel auf die Mitarbeit von Mikroorganismen. In zwei Stufen befreien unterschiedliche Stämme der Kleinstlebewesen die Abwässer von den Farbresten. Das so gereinigte Wasser kann zu einem Großteil in der Produktion wieder verwendet werden. Der Rest kann ohne zusätzliche Behandlung in die Kläranlage fließen.
Professor Peter Vörsmann, Mitglied der Jury, verwies bei der Preisverleihung auf die Bedeutung des neuartigen Abwasserreinigungsverfahren für eine ökologische Wasserwirtschaft.
Für ihr System nutzen die Preisträger die unterschiedlichen Anforderungen der Mikroorganismen an ihre Umwelt. Das Abwasser durchläuft zunächst eine anaerobe Stufe, wo bestimmte Bakterienstämme unter Sauerstoffmangel die Farbstoffe aufspalten. In der sich anschließenden aeroben Phase werden die Spaltprodukte und andere organische Stoffe von Bakterien abgebaut, die eine sauerstoffreiche Umgebung bevorzugen.
Das so behandelte Wasser erfüllt die Bedingungen für die Einleitung in die kommunale Kläranlage. Die TU-Forscher gehen aber noch einen Schritt weiter. Sie leiten einen großen Teil des Abwassers durch eine chemische Restentfärbung und führen ihn wieder der Produktion zu. Der Bedarf des Anwenders an frischem Brauchwasser wird ebenso drastisch reduziert wie die Kosten für die Abwässer. „Wir haben errechnet, dass der Break-Even-Point für das Verfahren erreicht wird, wenn wir rund 26 Prozent des Abwassers wieder verwenden können. Wir bringen es auf 60 Prozent“, erklärt Dietmar C. Hempel.
Gemessen wurde dieser Wert nicht etwa im Labor, sondern in der Praxis. Eine Anlage, die nach dem neuen Prinzip funktioniert, arbeitet bei der Drews Meerane GmbH. In der Produktionsstätte werden gewebte und gestrickte Stoffe vor allem für die Damenoberkleidungsindustrie veredelt. Gut 80 Prozent der Produktion wird mit Azofarbstoffen gefärbt oder bedruckt.
Weil das Unternehmen jetzt auf das in Braunschweig entwickelte Verfahren setzt, hat sich die Situation drastisch gewandelt. Im Spätsommer ging die Abwasserrecycling-Anlage in Betrieb. Seither fließen nur noch 575 Kubikmeter täglich in die Kläranlage. 865 Kubikmeter werden wieder verwendet.
In Meerane zeichneten sich die positiven Auswirkungen des neuen Verfahrens bereits ab, meint der Geschäftsführer der Drews GmbH, Heiko Wehner. Das Unternehmen benötige keinen zusätzlichen Brunnen und könne die Produktion sogar ausdehnen. Das kommt auch der strukturschwachen Region zugute.
(Quelle: IHK-Braunschweig, 07.11.2002)
Geonet News vom 11.11.2002