Forschungsbohrung Heidelberg - Klimaarchiv Rheingraben wird geöffnet

Die beteiligten Forscher wollen in den Sedimenten des so genannten „Heidelberger Beckens“ Informationen zur Klimaentwicklung Mitteleuropas studieren.

Durch die junge Absenkung des Oberrheingrabens wurden in seinen Lockergesteinen zahlreiche Signale eingefangen, die die Klimaentwicklung der letzten 3 Millionen Jahre dokumentieren. Die Entwicklung begann im Pliozän mit „subtropisch warm“, setzte sich über „eiskalt“ während der pleistozänen Vergletscherungen fort und mündete in „gemäßigt warm“, wie wir es heute kennen. In Kies, Sand und Ton, versetzt mit organischem Material, sind die Klimasignale wie in einem Archiv enthalten.

Die Bohrung hat eine Schlüsselfunktion für die geologische Verknüpfung des alpinen mit dem nordeuropäischen Raum. Sie wird in einigen Wochen den Übergang Pleistozän-Pliozän bei etwa 400 m durchteufen. Geophysikalische Bohrlochmessungen und umfangreiche Untersuchungen an den Bohrkernen werden sich anschließen. Der Vergleich mit den Schwesterbohrungen Viernheim (350 m) und Ludwigshafen (300 m) wird die Forschungsergebnisse ergänzen. Der Blick in die junge geologische Vergangenheit soll Antworten auf die Frage erleichtern: „Was steht uns in der Zukunft an Klimaveränderung bevor?“

An der Auswertung der Bohrkerne werden sich zahlreiche nationale und internationale Forschungseinrichtungen beteiligen, wobei ein großer Teil der Arbeiten an baden-württembergischen Einrichtungen, insbesondere den geowissenschaftlichen Instituten der Universität Heidelberg, durchgeführt werden soll.

Die besondere Attraktivität der Lokation Heidelberg besteht darin, dass hier im Schnittpunkt Oberrheingraben-Neckar das Zentrum der jungen Absenkung vorliegt. Im so genannten „Heidelberger Loch“ ist mit seismischen Verfahren die mächtigste Abfolge an quartären und pliozänen Sedimenten des gesamten Oberrheingrabens nachgewiesen. Heidelberg ist somit eine Schlüsselstelle im großen Geosystem Alpen – Oberrheingraben – Nordsee. In Viernheim ist dagegen die Normalsituation des Heidelberger Beckens dokumentiert. Diese Forschung steht schon jetzt im Blickfeld der internationalen Wissenschaftsgemeinde.

Auch bohrtechnisch stellt das Vorhaben eine Herausforderung dar, weil die Forscher vollständige und ungestörte Kerne der gesamten 500 m Bohrstrecke benötigen. Bei Festgestein wäre das kein Problem. Dagegen halten die Lockergesteine des alten Rhein-Neckar-Systems mit seinen Geröll-Lagen für die Bohrmannschaft sicherlich einige Überraschungen bereit. Große Gerölle, dicker als das Bohrloch, müssen durchbohrt werden und können sich dabei verdrehen. Kleinere Gerölle können aus der Bohrlochwand ins Bohrloch fallen und Bohrstangen oder Messgeräte verklemmen. Fließsand, quellender Ton, aggressives Salzwasser und der hohe Umgebungsdruck in 500 m Tiefe müssen bohrtechnisch gemeistert werden. Mehrere Grundwasserstockwerke sind zu schützen.

Nähere Infos:

www.gga-hannover.de/gr_projekt/heidelberg/index.htm

Quelle: (Uni-Heidelberg/Presse – IDW, 17.02.06)

Geonet News vom 20.02.2006