Forscher erwecken große Plattentektonik-Debatte wieder zum Leben
Alfred Wegeners Theorie von der Bewegung der Erdpatten kam 1912 einer wissenschaftlichen Revolution gleich.
Obwohl in die 60er Jahre hinein heftig umstritten, ist die Theorie der Plattentektonik heute das gängige Standardmodell. Doch eine Frage ist bis heute ungeklärt: Was treibt die Bewegung der Platten an?
„Die Wissenschaftlergemeinde hat dazu zwei unterschiedliche Theorien entwickelt. Die einen halten die Konvektion im Erdmantel für den entscheidenden Motor, die anderen sehen die Ursache eher in der schiebenden Wirkung der mittelozeanischen Rücken und in den Gravitationskräften, die die schwereren Enden der Platten nach unten ziehen.“, erklärt Götz Bokelmann, Geophysiker an der Stanford Universität. Auf der Jahrestagung der amerikanischen Geophysikalischen Gesellschaft versuchten 800 Geophysiker im Dezember 2000, mithilfe von neuesten seismologischen Daten und Computermodellen, endlich eine gemeinsame Lösung für das Problem zu finden.
Klarheit sollte dabei unter anderem eine neue Untersuchung der genauen Lage der Kontinentwurzeln Nordamerikas schaffen. Wenn die Kovektionstheorie stimmt, müssten die nach unten ragenden Wurzeln der Erdplatten den Strömungen im Mantel gute Ansatzmöglichkeiten bieten und deshalb in Richtung des Stroms orientiert sein. Geht man jedoch davon aus, dass das an den mittelozeanischen Rücken aufsteigende Material die Platten auseinanderdrückt, müssten die Wurzeln hinter der Bewegung zurückhängen, da sie sich gegen den Widerstand des sie umgebenden Mantelmaterials bewegen.
Mithilfe von seismischen Messungen zeigte sich, dass unter dem stabilsten und ältsten Teil der nordamerikanischen Platte, dem sogenannte Craton, die Wurzeln in Richtung der Plattenbewegung orientiert zu sein scheinen. Für Bokelmann ein deutlicher Hinweis darauf, dass die Platte durch die Konvektionsströme im Mantel mitgezogen wird.
Ob allerdings dieses Ergebnis auch auf andere Regionen der Welt übertragbar ist, ist eher fraglich. Bokelmann räumt ein: „Ich bin mir nicht sicher, dass dieser konvektionsgetriebene Mechanismus wirklich der einzige überall auf der Welt ist. Meine Technik zeigt, was unter den Kontinentalschilden geschieht, aber das ist noch lange nicht die endgültige Antwort. Für die ozeanischen Platten haben wir noch viel zu wenig Daten.“
Auch wenn inzwischen auch eine Koexistenz oder sogar gemeinsame Wirkung beider Mechanismen diskutiert wird, die Kontroverse geht fürs erste weiter.
(Quelle: Stanford Universität, 16.01.01)
Geonet News vom 19.01.2001