Erstmals Flüssigkeiten in absinkenden Erdplatten analysiert

Wasserhaltige Flüssigkeiten spielen im Erdinneren bei verschiedenen Prozessen eine entscheidende Rolle und konnten nun erstmals analysiert werden.

Denn obwohl die Erde prinzipiell ein fester Planet ist, so beeinflusst die Gegenwart – oder Abwesenheit – von Flüssigkeit sowohl Tiefe als auch Temperatur und Zusammensetzung der unterirdischen Gesteinsschmelze. Wie diese Flüssigkeit genau zusammengesetzt ist und wie sie sich mit zunehmender Tiefe verändert, war bisher jedoch unbekannt.

Antworten auf diese offenen Fragen haben jetzt möglicherweise Ronit Kessel von der Hebräischen Universität in Israel und ihre Partner Max Schmidt, Prof. Peter Ulmer und Thomas Pettke vom Schweizer Föderalen Technologie-Institut in Zürich gefunden. In ihrem Nature-Artikel berichten sie über ihre Studie, in der sie erstmals die Flüssigkeiten aus abtauchenden Erdplatten aus 120 bis 180 Kilometern Tiefe und Temperaturen von 700 bis 1.200 Grad charakterisierten.

Neuartige Labortechnik

Um die Flüssigkeit in jedem Stadium des Absinkens der Platte analysieren zu können, entwickelten die Forscher eine neuartige experimentelle und analytische Labortechnik, mit deren Hilfe die Zusammensetzung einer flüssigen Phase direkt in Druck– und Temperaturexperimenten analysiert werden kann. Im Mittelpunkt der Arbeit standen die Fragen danach, wie viel Wasser in der absinkenden Krustenplatte gespeichert ist, wie viele gelöste Materie es enthält und wann diese Flüssigkeit aus der Platte austritt und in den umgebenden Erdmantel übergeht.

Das Ergebnis der Experimente und Messungen ergab, dass bis in 180 Kilometer Tiefe zwei unterschiedliche Flüssigkeiten existieren: Eine, in geringerer Tiefe und niedrigeren Temperaturen, enthält 70 bis 90 Prozent Wasser und nur wenig gelöste Stoffe. Die zweite jedoch ist eine dicke, so genannte „wässrige“ Schmelze, reich an gelösten Stoffen, aber nur zehn bis 30 Prozent Wasser enthaltend. Sie ist das Resultat des Aufschmelzens von wasserhaltigem Gestein unter hohen Temperaturen.

„Superkritische“ Flüssigkeit in der Tiefe

Unterhalb einer Tiefe von 180 Kilometern, so die Wissenschaftler, existiert dagegen nur noch eine Flüssigkeitsart, eine so genannt „superkritische“ Flüssigkeit. Sie variiert in ihrem Charakter zwischen flüssig und eher fest, schmelzenähnlich, ist aber keines von beiden. Die Forscher betonen es sei wichtig, hier zwischen Schmelzen, Flüssigkeiten und superkritischen Flüssigkeiten zu unterscheiden, da man nur damit das Verhältnis der absinkenden Platte und beispielsweise vulkanischen Eruptionen verstehen könne oder die Frage beantworten, wie Materie in das Innere der Erde transportiert wird.

(Quelle: Hebrew University of Jerusalem, 12.10.2005)

Geonet News vom 17.10.2005