Erdaltertum erlebte gewaltige Asteroiden-Kollision
Eine der größten Asteroidenkollisionen im Sonnensystem ist wahrscheinlich für ungewöhnlich häufige Meteoritenschauer im Erdaltertum verantwortlich. Neue Analysen datieren die kosmische Kollision auf 470 Millionen Jahre vor heute und zeigen sogar einen möglichen Zusamenhang mit Klimaveränderungen und der Entstehung der Artenvielfalt auf der Erde auf.
„Sogar heute noch ist ein Viertel der Meteorite, die die Erde treffen, auf dieses kosmische Großereignis vor 470 Millionen Jahren zurückzuführen“, erklärt der Leiter der Isotopen-Datierungsgruppe von der Universität Heidelberg, Mario Trieloff. „Dieses Ereignis setzte einen Schwarm kleinerer Bruchstücke frei, die bis zu den erdähnlichen Planeten im inneren Sonnensystem abgelenkt wurden und innerhalb weniger Millionen Jahre – einer geologisch kurzen Zeit – auf die Erde regneten. Heute finden wir Überreste kleiner Meteorite in fossilen Ablagerungen des mittleren Ordoviziums, während kilometergroße Bruchstücke bis zu 30 Kilometer große Einschlagskrater hinterließen.“
Vor etwa zehn Jahren entdeckte eine Arbeitsgruppe der Universität Heidelberg unter der Leitung von Professor Birger Schmitz erstmals fossile Meteorite in einem schwedischen Steinbruch, eingebettet in Kalkstein aus dem mittleren Ordovizium. Da diese Meteorite sehr stark verwittert waren, war es nicht möglich, sie chemisch oder mineralogisch zweifelsfrei einem der bekannten Meteoriten-Typen zuzuordnen oder etwas über ihre Geschichte zu erfahren.
Inzwischen jedoch haben die Heidelberger Wissenschaftler mittels einer weiterentwickelten radiometrischen Datierungsmethode gezeigt, dass eine heute noch auf die Erde treffende Meteoriten-Gesteinsgruppe, die so genannten L-Chondrite, von einem Asteroiden stammt, der durch eine große Kollision vor exakt 470 ± 5 Millionen Jahren auseinandergerissen wurde.
Dieser Zusammenstoß brachte Gesteine der beiden Asteroiden zum Schmelzen und verursachte gewaltige Stoßwellen mit einem Spitzendruck von mehreren hundert Kilobar, vergleichbar mit dem statischen Druck im Erdinneren in 2000 Kilometern Tiefe. Darüber hinaus konnten die Wissenschaftler zeigen, dass die Gesteinsschichten des Ordoviziums, in denen die fossilen Meteorite abgelagert wurden, rund 467 Millionen Jahre alt sind.
Damit ergibt sich ein eindeutiger Zusammenhang: Eine der größten bekannten Kollisionen im Asteroidengürtel zerriss einen hunderte Kilometer großen Kleinplaneten vor 470 Millionen Jahren – kleine und große Bruchstücke wurden damals in Richtung Erde abgelenkt und bewirkten, dass für einige Millionen Jahre etwa hundert mal so viele Meteorite wie in der Neuzeit auf die Erde fielen. Der Einschlag kilometergroßer Bruchstücke war ebenfalls deutlich häufiger.
Die Energie solcher Einschläge ist beträchtlich und hatte damals sehr wahrscheinlich globale Auswirkungen. So wird beispielsweise ein 30 km großer Krater durch ein Ereignis verursacht, dessen Energie etwa zehn Millionen Hiroshima– Bomben entspricht – das ist, wie wenn ein Berg der Größe des Feldbergs (Schwarzwald) mit einer Geschwindigkeit von 50.000 Stundenkilometern die Erde trifft. Auch der Eintrag von kosmischem Staub in die Erdatmosphäre dürfte erhöht gewesen sein, und zwar für mehrere Millionen Jahre.
Heute ist etwa die Hälfte aller Staubpartikel in der oberen Atmosphäre extraterrestrischen Ursprungs. Die Häufigkeit dieses Staubes, der dort lange Verweilzeiten hat, war damals hundert Mal so hoch wie heute. Wie sich dies auf das Klima der Erde auswirkte, ist noch nicht genau bekannt. Schmitz, Entdecker der fossilen Meteorite, mutmaßt aber, dass die Explosion der Artenvielfalt im mittleren bis späten Ordovizium etwas mit Klimaveränderungen und dem kosmischen Bombardement dieser Zeit zu tun hat, dass also eine tief greifende Veränderung unserer Biosphäre durch einen Vorgang in den äußeren Bereichen unseres Sonnensystems verursacht wurde.
Quelle: Universität Heidelberg
Geonet News vom 22.01.2007