Diamantzüchtung jetzt auch an der Luft möglich
Physiker des Bremer Instituts für angewandte Strahltechnik (BIAS) am Fachbereich Produktionstechnik der Universität Bremen haben jetzt eine bahnbrechende Neuentwicklung geschaffen: Es gelang ihnen erstmals, Diamanten auch an der Luft zu züchten.
In punkto Schnelligkeit bricht das neue Verfahren ebenfalls alle Rekorde. Durch das in Bremen entwickelte Verfahren ergeben sich völlig neue und kostengünstige Anwendungsmöglichkeiten in der Industrie. In einem bald beginnenden Projekt, das vom Bundesministerium für Bildung und Forschung gefördert wird, soll die Neuerung in die industrielle Fertigung überführt werden.
Die Herstellung synthetischer Diamanten erfolgte bislang in Vakuumkammern. Dort wird bei Unterdruck durch Elektrizität oder Ultrahochfrequenzen ein Trägergas, etwa Argon, angeregt. In dieses ionisierte Gas – das sogenannte Plasma – wird wiederum kohlenstoffhaltiges Gas wie zum Beispiel Methan gegeben. Dieses wird vom Plasma in seine Bestandteile zerlegt, und der Kohlenstoff scheidet sich an der Oberfläche des Substrates ab. Die Beschichtung wächst langsam bis zur gewünschten Dicke auf. Dabei müssen vorbestimmte Bedingungen exakt eingehalten werden, damit am Ende eine möglichst reine Diamantschicht – und nicht etwa Graphit – entstanden ist. „Dieses Plasmaverfahren war vor rund 25 Jahren ein erster Durchbruch“, sagt Professor Simeon Metev, Abteilungsleiter für Laser-Mikrotechnologie am BIAS. „Es wurde seither immer mehr verfeinert, weist aber trotzdem Einschränkungen auf.“ Diese werden vor allen durch den Unterdruck und die Kammer bedingt: Die Schichten wachsen dort nur ein paar Tausendstel Millimeter pro Stunde – für eine Beschichtung von einem Millimeter braucht man also fast zehn Tage. „Das Ergebnis ist dann zwar gut, aber es dauert eben sehr lange“, so Metev. „Außerdem lassen sich kaum große oder dreidimensionale Bauteile beschichten, weil sie nicht in die Kammer passen oder weil die etablierten Verfahren nur für flächige Teile taugen.“ Auf Anregung von Professor Gerd Sepold, einem der beiden BIAS-Leiter, wurde gemeinsam eine neue Idee geboren: Die Abscheidung von Diamanten an Oberflächen durch Einsatz von Laserstrahlen.
Hierzu gelang den BIAS-Forschern jetzt ein entscheidender Fortschritt. Sie haben ein sogenanntes Photonen-Plasmatron entwickelt, das die Diamantabscheidung an der offenen Luftatmosphäre erlaubt – also ohne Unterdruck und ohne Kammer. Schon allein das ist ein riesiger Fortschritt, doch auch in punkto Schnelligkeit bricht das neue Verfahren alle Rekorde: Nun sind Beschichtungen von zwei Tausendstel Millimetern pro Minute möglich. „Wenn unsere Entwicklung in die industrielle Anwendung umgesetzt wird, eröffnet sie der Werkzeugindustrie zusätzliche Horizonte“, sagt Plasmaphysiker Jörg Schwarz, der mit Ingenieuren, Feinmechanikern und Optikern am Photonen-Plasmatron arbeitet. „Dann könnten auch dreidimensionale Bauteile beschichtet werden – oder etwa lange Sägebänder, wie sie täglich tausendfach zum Schneiden von Metallen eingesetzt werden.“ Diese Sägebänder, die bislang in keine Vakuumkammer passten, könnten einfach unter den Bremer Plasmatron entlanggezogen werden – wobei sogar nur die kostengünstige Beschichtung der Spitzen möglich wäre und nicht die Härtung des gesamten Bandes.
(Quelle: Informationsdienst Wissenschaft (idw) – Pressemitteilung Universität Bremen, 19.12.2001)
Geonet News vom 31.12.2001