Den Dingen auf den Meeresgrund gehen - Deutsche Tiefseebohrer diskutieren neueste Ergebnisse

Was die Welt im Innersten zusammenhält - um das herauszufinden, bohren Forscher Löcher in den Meeresgrund.

Vom Mittwoch, 28. Februar, bis Freitag, 2. März, treffen sich etwa 200 deutsche Wissenschaftler in Karlsruhe, um über die Ergebnisse des internationalen Tiefseebohrprogramms ODP (Ocean Drilling Program) zu sprechen. Beim jährlichen Berichtskolloquium diskutieren die Experten die Proben und Daten, die sie bei Bohrfahrten ermittelten. Gastgeber ist das Institut für Petrographie und Geochemie der Universität Karlsruhe, das bereits seit 20 Jahren an dem Programm beteiligt ist.

Das „Ocean Drilling Program“ betreibt das einzige ausschließlich für wissenschaftliche Zwecke eingesetzte Bohrschiff „JOIDES Resolution“. Durchschnittlich sechs mal im Jahr finden zweimonatige Bohrkampagnen statt, bei denen die Eigenschaften des Ozeanbodens anhand von Probenmaterial und durch geophysikalische Messungen im Bohrloch erfasst werden. Die dabei gewonnenen häufig kilometerlangen Kerne von Meeressedimenten und Ozeankruste werden in drei Kernlagern deponiert. Eines davon befindet sich in Bremen. Dort steht das Kernmaterial für eine spätere Beprobung zur Verfügung.

Seit 1968 werden die Ozeanböden mit Hilfe von Tiefseebohrungen systematisch erforscht, bis 1983 zunächst durch das „Deep Sea Drilling Project“ und seitdem durch das „Ocean Drilling Program“.

Wissenschaftliches Tiefseebohren ist ein unverzichtbarer Bestandteil der Erforschung unseres Planeten geworden. Für die wichtigsten geowissenschaftlichen Theorien der neueren Zeit, die von der Meeresbodenneubildung und -ausbreitung (seafloor spreading) sowie von der Existenz eines Mosaiks beweglicher Erdkrustenplatten (Plattentektonik) lieferte das Tiefseebohren die wesentlichen Beweise. Meeressedimente und darin enthaltene Relikte früherer Lebewesen bieten ein einmaliges Archiv und Abbild vergangener Meeresstömungen sowie der Variabilität des Klimas und der Zusammensetzung der Atmosphäre während der Erdgeschichte. Wichtige Erkenntnisse für die Rohstoffexploration konnten aus den Tiefseebohrungen gewonnen werden.

Seit 1975 beteiligen sich auch die deutschen Geowissenschaftler in großem Umfang an diesem Forschungsprogramm. Der jährlich 44 Millionen US-Dollar kostende Bohrbetrieb und die dazugehörige Logistik wird zu etwa 60 Prozent von den USA getragen. Für einen Jahresbeitrag von drei Millionen US-Dollar, der je zur Hälfte von der Deutschen Forschungsgemeinschaft und vom Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Forschung aufgebracht wird, ist eine Teilnahme von zwei deutschen Forschern je Bohrfahrt garantiert. Ebenso der freie Zugang zu allen Proben und Daten. Die Bohrfahrten folgen einem wissenschaftlichen Plan, der von den Wissenschaftlern der beteiligten Länder gemeinsam ausgearbeitet wird. Zur Zeit sind am ODP neben den USA und Deutschland noch Frankreich, Großbritannien, Japan und China sowie zwei Konsortien weniger finanzstarker Länder beteiligt. Dies sind Australien, Kanada, Südkorea, und Taiwan und zwölf europäische Länder unter der Schirmherrschaft der European Science Foundation.

Während der vergangenen zwölf Monate waren die Zielgebiete der „JOIDES Resolution“ das Südpolarmeer (Indik) und der westliche Pazifik. Die Bohrungen sollen zu einem möglichst kompletten Bild vom System Erde beitragen, von den Wechselwirkungen zwischen der festen Erde, dem Ozean, der Atmosphäre, den Eiskappen, orbitalen Kräften und der Biosphäre. Ablagerungen am Meeresboden haben die integrierten Signale der Umweltveränderungen aus vielen Millionen Jahren gespeichert: Tiefseebohrungen helfen sie zu entziffern.

(Quelle: Informationsdienst Wissenschaft (idw) – Pressemitteilung Universität Fridericiana Karlsruhe (T.H.), 21.02.2001)

Geonet News vom 23.02.2001