Bonner Erklärung zur Geoinformatik

Kürzlich trafen sich in Bonn zwölf Hochschullehrer zu einem Expertengespräch über Forschungsfokus und Forschungsprogramm der wissenschaftlichen Auseinandersetzung mit Geoinformation und Geographischen Informationssystemen.

Anlass zu dem Gespräch gab die Analyse, dass im Bereich der raumbezogenen Informationsverarbeitung ein neues Forschungsparadigma zu entwickeln ist, das breite Entwicklungen aus Wirtschaft, Politik und Gesellschaft aufnimmt und reflektiert. Die Ergebnisse des Gesprächs sind in einer „Bonner Erklärung“ zusammengefasst worden.

Motivation und Analyse

„Geoinformationen und insbesondere digitale Geoinformationen stellen ein Wirtschaftsgut von herausragender Bedeutung dar, weil sie als Produktionsfaktoren am Markt gehandelt werden und rund die Hälfte aller Wirtschaftszweige Geoinformationen direkt oder indirekt für ihre Arbeiten nutzt.

Für den Wirtschaftsstandort Deutschland entstehen aus dem Markt für Geoinformationen sowie bei der Entwicklung von Geoinformationssystemen Arbeitsplätze mit hohem Qualitätsniveau, gerade im mittelständischen Bereich.“

BT-Drs. 14/4139: Antwort der Bundesregierung auf die Große Anfrage der CDU/CSU-Fraktion zur „Nutzung von Geoinformationen in der Bundesrepublik Deutschland“

Politik, Wirtschaft und Gesellschaft setzen hohe Erwartungen in Wertschöpfung und Nutzen aus der Verarbeitung raumbezogener Informationen. Festzustellen ist eine zunehmend breite Nutzung dieser Informationsressource. Die Technologie von Geographischen Informationssystemen diffundiert von den Wissensinseln der Spezialisten in die Breite alltäglicher Anwendungen:

  • Einfache internetbasierte Kartenservices produzieren pro Tag mehr Karten, als zuvor in der Menschheitsgeschichte gezeichnet oder gedruckt wurden.

  • Standard-Datenbanken und Enterprise Ressource Platforms integrieren raumbezogene Datentypen und Verarbeitungsmethodiken.

  • Geoinformationstechnologie wird in Alltagsgegenstände wie Autos, Mobiltelefone und Kameras integriert.

  • Suchmaschinen und Internetportale integrieren raumbezogene Informationen, Kartendienste und Navigation.

  • Industrie– wie Entwicklungsländer, internationale Organisationen, alle deutschen Bundesländer und viele Regionen unternehmen beträchtliche Anstrengungen zum Aufbau von Geodateninfrastrukturen.

Die Maßnahmen dienen der Wirtschaftsförderung wie der Beförderung gesellschaftlichen Nutzens.

Paradigmenwechsel im Umgang mit raumbezogener Information

Dies sind nur wenige Oberflächenphänomene, die einen Paradigmenwechsel im Umgang mit raumbezogener Information anzeigen. Eine vertiefende Analyse zeigt enge Verbindungen mit der Entwicklung der Informationsgesellschaft, in der Planung und Analyse auf der Basis formalisierter wie differenzierter Informationsbestände zunehmende Bedeutung gewinnen. Raumbezogene Information ist Planungs– und Orientierungsinformation, aus ihr wird Planungshandeln und Orientierungswissen generiert. Positionen im Raum dienen als Schnittstelle zwischen dem Cyberspace raumbezogener Information und dem realen Handlungsraum der Gesellschaft. Durch die Eigenschaft des Connecting through Location integriert Georeferenzierung vielfältige und komplexe Informationsdimensionen.

Dieser Paradigmenwechsel erfordert eine Neuausrichtung der Geoinformatik als grundlegende Wissenschaft virtueller Welten. In diesen werden Algorithmen, Analysen und Modelle implementiert, um als

Entscheidungs– und Handlungsgrundlage in der realen Welt zu dienen.

(Quelle: idw – Universität Bonn, 19.10.2005)

Geonet News vom 25.10.2005