Bohrlöcher stabiler als bisher angenommen

Clausthaler und Edinburgher Wissenschaftler haben experimentell die zur Bestimmung der minimal zulässigen Spülungsdrücke wichtigen Biotschen und Skeptonschen Koeffizienten im Falle zweier realer norddeutscher Lagerstätten in Sand- und Tonsteinformationen bestimmt und kommen im Ergebnis zu deutlichen niedrigeren zulässigen Werten als bisher angegebenen.

In der Praxis hat dies zur Konsequenz, dass in Sandsteinformationen mit einem wesentlich niederen Spülungsdruck gearbeitet werden kann, als bisher angenommen wurde – bei stabilen Bohrlochwänden.

Die sicheren und wahrscheinlichen Erdgaslagerstätten in Deutschland, aus denen aufgrund ihrer Gesteinsstruktur gut gefördert werden kann, gehen in absehbarer Zeit zur Neige; es gibt aber noch solche jene Erdgasreserven, bei denen die Porenräume der Lagerstätten mit Tonmineralen verstopft sind und zudem die Porosität des Gesteins deutlich niedriger ist. Die Durchlässigkeit dieses Speichergesteins ist daher etwa 1000 Mal niedriger als in herkömmlichen Lagerstätten. Das Erdgas sitzt fest, der Fachmann nennt daher Lagerstätten diesen Typs „Tight Gas“.

Könnte man aus diesen Lagerstätten dennoch fördern, käme am allein in Deutschland auf zusätzliche 50 – 150 Milliarden m3 Erdgasreserven. „Tight“ Gas gilt daher als Erdgasreserve der Zukunft, und es werden große Anstrengungen unternommen, sie trotz der Schwierigkeiten zu fördern. Hierbei kommt – unter anderem – die so genannte Under-balanced Drilling Technologie zum Einsatz. Bei ihr wird der Druck der Bohrspülung um einen definiert zulässigen niedrigeren Wert als den des umgebenden Gebirges eingestellt. So wird das Erdgas quasi in die Bohrung hineingesaugt. Eine der großen technischen Herausforderungen bei solchen Bohrungen ist, dennoch die Bohrlochwandung selbst stabil zu halten – es darf kein Gestein, das die Bohrung verstopfen könnte, in das Bohrloch hinein brechen.

Clausthaler und Edinburgher Wissenschaftler haben nun in Laboruntersuchungen experimentell die zur Bestimmung der minimal zulässigen Spülungsdrücke wichtigen Biotschen und Skeptonschen Koeffizienten im Falle zweier realer norddeutscher Lagerstätten in Sand– und Tonsteinformationen bestimmt und kommen im Ergebnis zu deutlichen niedrigeren zulässigen Werten als den in der wissenschaftlichen Literatur bisher angegebenen. In der Praxis hat dies zur Konsequenz, dass in Sandsteinformationen mit einem wesentlich niederen Spülungsdruck gearbeitet werden kann, als bisher angenommen wurde -bei stabilen Bohrlochwänden. Bei Tonsteinformationen muss mit einer speziell entwickelten Spülung (2-Phasen Polyglycol oder Methylglucoside) eine osmotische Strömung vom Gebirge ins Bohrloch erzeugt werden, die zu einer positiven Stützwirkung für das Bohrloch im Tonstein führt und die damit das Bohrloch stabil hält.

Die Untersuchungsergebnisse von Dr. Sommerville, Universität Edinburgh, und PD Dr.-Ing. Zhengmeng Hou, Institut für Aufbereitung und Deponietechnik, und Prof. Dr. Günter Pusch, Institut für Erdöl– und Erdgastechnik, beide TU Clausthal, wurden auf der Frühjahrstagung der DGMK 2004 am 29. und 30. April in Celle vorgestellt. Die Forschungen erfolgten im Rahmen eines Industrieprojektes sowie des EU-Programms „The European Infrastructure for Energy Reserve Optimisation (EIRO)“.

(Quelle: idw – Technische Universität Clausthal, 01.09.2004)

Geonet News vom 06.09.2004