Ausbreitung von Neuankömmlingen im Bodensee stellen potenzielle Gefahr für Gleichgewicht der Ökosysteme dar
Seit 2002 wurde im Bodensee die Ausbreitung von vier neuen Tierarten festgestellt. Zuletzt ist im November vergangenen Jahres erstmals der amerikanische Flohkrebs „Crangonyx“ neu aufgetreten.
Etwa 70 Experten aus Wissenschaft und Forschung sowie der Wasserwirtschaft der Bodenseeanrainer diskutieren beim Seenforschungsinstitut der LUBW – Landesanstalt für Umwelt, Messungen und Naturschutz Baden-Württemberg über eingeschleppte Tierarten im Bodensee und die Herausforderungen für den Schutz des größten Binnensees Europas. Im Mittelpunkt steht der Abschluss eines vor drei Jahren begonnenen grenzüberschreitenden Interreg-Projekts ANEBO (Aquatische Neozoen im Bodensee und Einzugsgebiet). Das Projekt wurde aus EU-Mitteln mit insgesamt 220.000 Euro gefördert.
„Der Invasionsdruck für die Gewässer in Baden-Württemberg ist in den vergangenen Jahren weiter gestiegen. Der Bodensee ist davon nicht verschont“, so Umweltministerin Gönner. Um frühzeitig Veränderungen in der Gewässerökologie feststellen zu können sei ein dichtes Netz von über 150 Untersuchungsstellen rund um den Bodensee und in seinem näheren Einzugsgebiet angelegt worden. „In einer beispielhaften grenzüberschreitenden Zusammenarbeit wurde damit ein Frühwarnsystem aufgebaut“, so Gönner. Neue Tierarten könnten zwar zunächst eine Bereicherung der biologischen Vielfalt bedeuten. „Wenn es bei den Neuankömmlingen aber an den natürlichen Gegenspieler fehlt und außerdem günstige Lebensbedingungen vorliegen, besteht die Gefahr einer nahezu ungebremsten Vermehrung.“ Bisher heimische Tier– und Pflanzenarten könnten verdrängt und das Ökosystem Bodensee aus dem Gleichgewicht gebracht werden. So habe der 2002 erstmals aufgetretene Höckerflohkrebs sich in kurzer Zeit nahezu über den gesamten See verbreitet und im Untersee heimische Flohkrebse nahezu ausgemerzt. „Ihr Lebensraum begrenzt sich zwischenzeitlich im Wesentlichen nur noch auf wenige Flussmündungen.“ Außerdem könnten mit den Invasoren auch neue Parasiten und Krankheitserreger eingeschleppt werden, mahnte Gönner. „Durch die Klimaerwärmung herrschen für Wärme liebende Arten günstige Lebensbedingungen.“ Damit könnten in Zukunft auch tropische Krankheitserreger auftreten. „Es besteht zwar kein Grund zu Panik. Dennoch ist besondere Sorgsamkeit notwendig. Es wäre aber geradezu fahrlässig, die möglichen Gefahren auf die leichte Schulter zu nehmen“, so Gönner.
Eine Ursache für das Auftreten der Neuankömmlinge liege im zunehmenden Schiffsverkehr und dem wachsenden interkontinentalen Warenaustausch, erläuterte Gönner. Hinzu komme die Öffnung neuer Schifffahrtswege wie beispielsweise dem Rhein-Main-Donau-Kanal über die sich gebietsfremde Tierarten als blinde Passagiere einschmuggelten. „Aber auch Freizeitsportler, die Boote oder Wasserportgeräte aus anderen Gewässern in den See bringen, führen immer wieder unerbetene Gäste mit sich“, so Gönner. „Ich appelliere deshalb an alle Nutzer, ob beruflich oder in der Freizeit, Boote und Wassersportgeräte gründlich zu reinigen, bevor sie in den See gebracht werden.“ Die Gewässerschutzfachstellen am Bodensee informierten ausführlich über Verhaltensregeln, die wirksam dazu beitragen können, einer Einschleppung neuer Tierarten aus anderen Gewässern vorzubeugen. „Die Vorbeugung ist der wirksamste Weg, den potenziellen Gefahren zu begegnen.“ Die Überwachung der Gewässerökologie im See und seinen Zuflüsse solle außerdem auch künftig mit großer Sorgfalt erfolgen. „Die grenzüberschreitende Zusammenarbeit am Bodensee ist beispielhaft und dabei besonders wichtig. Sie trägt ganz wesentlich dazu bei, dass der Gewässerschutz an allen Ufern sehr ernst genommen wird. Neue Erkenntnisse und Informationen werden ausgetauscht und gemeinsam effektive Strategien zum Schutz des Gewässers entwickelt.“
Quelle: Umweltministerium Baden-Württemberg
Geonet News vom 28.04.2008