Akustische Signale könnten vor Vulkaneruptionen warnen

Ein neuer Ansatz zur Vorhersage von Vulkanausbrüchen, der sich zumindest unter experimentellen Bedingungen bereits bewährt hat, ist jetzt von einem internationalen Wissenschaftlerteam entwickelt worden.

Wie die Forscher in der aktuellen Ausgabe von „Nature“ berichten, wurden dafür im Labor Bruchprozesse im Magma gemessen, also in der flüssigen Gesteinsschmelze aus dem Erdinneren, die bei Eruptionen als Lava ausgestoßen wird. Entscheidend für einen bevorstehenden Ausbruch ist nach Angaben der Wissenschaftler der Übergang des Magmas vom Fließen zum Bruch – und den kann man hören.

„Den Übergang zeigten eine Temperaturerhöhung, veränderte Scherkräfte sowie akustische Signale an. Wir hoffen nun, dass Vulkanobservatorien in aller Welt unseren neuartigen Ansatz auch in der Praxis testen werden“, erklärt Yan Lavallée von der Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) München, der Leiter der Experimente.

„Lebende Planeten“ heißen Planeten mit aktivem Vulkanismus bei den Geowissenschaftlern. Denn die Eruptionen sind Ausdruck eines gewaltigen physiko-chemischen Ungleichgewichts – nicht zuletzt auch im Erdinneren. Für die Menschen und die Umwelt sind die Folgen derart explosiver Ausbrüche häufig katastrophal. Dies umso mehr, als noch immer kein zuverlässiges Frühwarnsystem existiert.

„Gäbe es ein Frühwarnsystem für Vulkanausbrüche, bliebe uns vieles erspart“, meint der Geologe Donald B. Dingwell, Professor für Geo– und Umweltwissenschaften an der LMU, der federführend an der neuen Studie beteiligt war. „Denn noch immer bedeuten explosive Eruptionen nicht selten die Vernichtung von Leben, Infrastruktur und Kapital.“

Dabei versuchen Mitarbeiter von Vulkanbeobachtungsstationen auf der ganzen Welt längst möglichst frühzeitig bevorstehende Eruptionen zu erkennen und die betroffene Bevölkerung zu warnen. „Die Wissenschaftler dort arbeiten aber fast ausschließlich empirisch, ohne den mechanischen Hintergrund der Vorgänge im Vulkan selbst zu berücksichtigen. Nur vor dem Hintergrund dieser Prozesse kann aber die Lage komplett verstanden und entsprechend zuverlässig eingeschätzt werden“, so Lavallée.

Das könnte nun bald Realität werden. Denn die Münchner Forscher entwickelten zusammen mit ihren Kollegen von der Technischen Universität (TU) München sowie vom University College in London einen Ansatz, der eine Änderung im Verhalten des Magmas misst, das Aussagen über eine bevorstehende Eruption zulassen könnte.

Den Anstoß dafür gab ein Besuch Dingwells in einem alten Eisenerzstollen. „Holz spricht, bevor es bricht...“ hieß dort eine Maxime der Kumpel aus dem Bergbau. Für den Geologen war dies der Anlass für die Untersuchung, ob möglicherweise auch Magma unüberhörbare Signale als Warnhinweis gibt.

Nach zwei Jahren experimenteller Arbeit ist seine Idee, wie Vulkaneruptionen eines Tages möglicherweise routinemäßig und frühzeitig erkannt werden können, der Praxis wohl einen großen Schritt näher gekommen. Denn mit Hilfe bislang einzigartiger Experimente konnten die Forscher um Lavallées ein Frühwarnsystem erstellen.

Die Basis dieses „Forecasting System“ sind Bruchprozesse im Magma. Die Wissenschaftler verformten die Gesteinsschmelze „am Limit“, also am Übergang vom Fließen zum Bruch. Diese Zustandsänderung kann – und das war bis dahin unbekannt – sogar auf dreifachem Weg festgestellt werden: Das Magma erwärmt sich, es treten Scherkräfte auf und akustische Signale werden ausgesandt.

Es sind vor allem die akustischen Emissionen, auf die die Wissenschaftler nun ihre Hoffnung setzen. Diese Signale könnten in der Natur eine zuverlässige Vorhersage von Erdbeben erlauben, die durch das Magma selbst ausgelöst werden. Die Signale wären dann ein wichtiger Baustein der so genannten „Failure Forecast Method“. Dieses System verfolgt im zeitlichen Verlauf Phänomene, die sich vor Eruptionen typischerweise und messbar verändern. In der Gesamtheit sind so Aussagen über katastrophale Bruchprozesse möglich.

Quelle: Universität München

Geonet News vom 02.06.2008