Ackerflächen können Luftqualität negativ beeinflussen
Brach liegende Ackerflächen und Versteppungsprozesse können die Luftqualität weltweit offenbar stärker beeinflussen als bisher angenommen.
Das schlussfolgern Forscher aus der Untersuchung einer Staubwolke, die sich über ausgetrockneten Ackerflächen im Süden der Ukraine gebildet und zu extremen Feinstaubkonzentrationen in Mitteleuropa geführt hatte. Die Staubwolke verbreitete sich am 24. März 2007 über die Slowakei, Polen und die Tschechische Republik bis nach Deutschland. Dabei kam es kurzzeitig zu Spitzenkonzentrationen von PM10-Feinstaub zwischen 200 und 1400 Mikrogramm pro Kubikmeter. Zum Vergleich: Der EU-Grenzwert für das Tagesmittel liegt bei 50 Mikrogramm pro Kubikmeter. Auch wenn solche Wetterlagen anscheinend relativ selten auftreten würden, so zeigten die unerwarteten Ausmaße, dass es nötig sei, die Prozesse besser zu verstehen, die zur Bildung und dem Transport solcher Staubmengen führen. Das gelte gerade vor dem Hintergrund der vom Menschen verursachten Wüstenausbreitung und des Klimawandels. Bisher galt die Sahara als Hauptquelle für Staub, der über Ferntransport nach Mitteleuropa gelangt. Mit ihrer Publikation gelang es dem Forscherteam aus Leipzig, Berlin und Dresden erstmals, den Staubtransport aus der Ukraine zu dokumentieren.
Mit schneller und unbürokratischer Hilfe von insgesamt 15 staatlichen Umweltämtern konnten Feinstaubdaten von 360 Stationen aus fünf Ländern ausgewertet werden. Schnell zeigte sich, der Feinstaub schien aus östlicher Richtung zu stammen, denn Richtung Slowakei nahm die Konzentration spürbar zu. Forscher durchforsteten sie Satellitenbilder und wurden auf einer EUMETSAT-Aufnahme fündig. Diese zeigte am 23. März eine auffällige Rötfärbung über dem Süden der Ukraine, welche sich explosionsartig entwickelte. Die Gesamtmasse der Staubwolke schätzten die Forscher auf mindestens 60 000 Tonnen. Das entspricht mehr als 600 Eisenbahnwaggons voller Sand. Die tatsächliche Masse war wahrscheinlich sogar noch viel höher, da die Messgeräte nur den Anteil an Partikeln erfassen, der kleiner als 10 Mikrometer (0,01 mm) ist. Tschechische Geologen schätzen die Gesamtlast sogar auf 3 Millionen Tonnen da die „Ukrainische Staubfahne“ auch größere Partikel bis zu einer Größe von einem halben Millimeter enthielt. Die letzten Zweifel an der Herkunft konnten Tschechische Forscher um Dr. Jindrich Hladil vom Institut für Geologie der Akademie der Wissenschaften in Prag beseitigen. Sie verglichen die Staubproben aus der Luft mit Staubproben direkt aus dem ukrainischen Boden. Das Verhältnis der Bleiisotope bewies: Der Staub stammte tatsächlich aus dem Schwarzmeerraum. „Die mineralogisch-petrologischen Fingerabdrücke der Partikel über 10 Mikrometer können eine Menge über die geologische Herkunft verraten“, sagt Jindrich Hladil. Zudem fanden die Prager Forscher, die völlig unabhängig von den Leipzigern der Lösung des Rätsels auf der Spur waren, in ihren Proben auch Pollen wie sie typisch für die Ukraine sind. Darunter waren verhältnismäßig viele Pollen der Ambrosie, die als extrem allergieauslösend gelten.
Quelle: Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung – UFZ
Geonet News vom 13.05.2008