90 Tage TASi - Fakten und Forderungen zur aktuellen Lage der Abfallentsorgung in Deutschland
Seit dem 1. Juni 2005 ist die TASi in Kraft. Nach 90 Tagen Laufzeit hat jetzt der bvse-Bundesverband Sekundärrohstoffe und Entsorgung eine erste Bilanz gezogen.
Darin bewertet der bvse die TASi als einen richtigen und wichtigen Schritt in Richtung Kreislaufwirtschaft. Die hochwertige stoffliche Verwertung werde damit für die Zukunft unverzichtbar und der stofflichen Verwertung von Kunststoffen eine erheblich größere Bedeutung beigemessen.
„Es hat aber auch keinen Sinn, die Augen vor den Realitäten zu verschließen“, betont bvse-Hauptgeschäftsführer Hans-Günter Fischer und weist darauf hin, dass Deutschland gegenwärtig auf einen Entsorgungsnotstand zusteuere. Eine Einschätzung, die nicht nur von den mittelständischen Recycling– und Entsorgungsunternehmen vorgenommen wird, sondern auch von einer zunehmenden Zahl von Landesregierungen geteilt wird. Nach den Worten Fischers komme es jetzt darauf an, diesen Entsorgungsnotstand kurzfristig abzuwenden, damit das Gesamtprojekt TASi nicht in Frage gestellt werde.
Nach Einschätzung des bvse dreht sich zudem die Preisspirale immer weiter nach oben. Das sei nicht mehr mit den notwendigen Mehrkosten, die die Vorbehandlung erfordert, zu erklären. Hier wird der Bogen auf Kosten der Wirtschaft eindeutig überspannt.
In einer Zeit, in der die Konjunktur in Deutschland derart große Probleme habe, auf die Beine zu kommen, in der die Wirtschaft mit steigenden Rohöl– und Strompreisen zu kämpfen habe, sollte man nicht immer weiter draufsatteln.
Die mittelständischen Unternehmen beklagen, dass ganz offensichtlich die TASi-Regelungen von Konzernen dazu benutzt und missbraucht werden, einen knallharten Verdrängungswettbewerb zu führen. Die überwältigende Mehrheit der mittelständischen Unternehmen hat sich mit Kontingentsverträgen für den 1. Juni gewappnet. Fakt ist aber, dass diese Kontingentsverträge von Betreibern von Müllverbrennungsanlagen vielfach nicht eingehalten werden.
Fischer: „Wenn dies tatsächlich an fehlenden Kapazitäten liegt, dann sind von den MVA-Betreibern Kapazitäten verkauft worden, die tatsächlich gar nicht vorhanden waren.“ Es sei außerdem zu beobachten, dass viele Frachten wegen angeblicher Qualitätsmängel zurückgewiesen werden und dass gleichzeitig versucht werde, diesen Mittelständlern ihre Anfallstellen/Kunden abzujagen. „Dem Mittelstand dann vorzuwerfen, dass er sich nicht auf den 1. Juni vorbereitet habe, zeugt von einer gehörigen Portion Dreistigkeit und beweist, dass die Forderung des bvse nach einer Regulierungsinstitution, die den transparenten und diskriminierungsfreien Zugang zu Müllverbrennungsanlagen gewährleistet, viel Substanz hat.“
In diesem Zusammenhang sei es schon erstaunlich wie Konzerne und ihr Verband, die Milliardenumsätze aufweisen, ihre Größe und Marktmacht versuchen klein zu rechnen. So werden beispielsweise die Beteiligungen an kommunalen Müllverbrennungsanlagen ausgeblendet. Die Missbrauchsaufsicht des Bundeskartellamtes sieht dies jedoch ganz anders. Im Fall Remondis wurden diese Beteiligungen voll dem Konzern zugerechnet. Und das hat auch einen guten Grund, da das operative Geschäft nicht von den Kommunen, sondern von den Konzernen dominiert wird.
Neben der Forderung nach einer Regulierungsinstitution müssen aus Sicht des bvse alle zur Verfügung stehenden gesetzlichen Instrumente je nach Lage und Region genutzt werden. Das heißt natürlich, dass die Getrennthaltung an den Anfallstellen optimiert werden muss, wo dies noch nicht geschehen ist. Das heißt auch, dass die erheblichen Abfallimporte nach Deutschland gestoppt werden müssen. Das heißt, dass kontrollierte Zwischenlager eröffnet werden, und dass diese Maßnahmen von regionalen Abfallkonferenzen unter Leitung der Regierungspräsidien initiiert und begleitet werden.
(Quelle: bvse, 31.08.2005)
Geonet News vom 05.09.2005